„Achtsamkeit,
ein Augenblick vollkommener Präsenz, jenseits allen Strebens, jenseits bloßen Annehmens, jenseits des Wunsches, zu entfliehen oder irgendetwas in Ordnung zu bringen oder voranzustürmen, ein Augenblick reinen Seins, der nicht mehr zur Zeit gehört, ein Moment reinen Sehens, reinen Fühlens, ein Moment, in dem das Leben einfach ist.„ Jon Kabat-Zinn
Achtsamkeit zu üben bedeutet zu lernen, jeden Moment frei von alten Konditionierungen, frei von belastenden Mustern und frei von Sorgen und Ängsten wahr zu nehmen. Das heißt nicht, dass diese Faktoren nicht mehr vorhanden sind oder ausgeblendet werden. Es heißt eher, sich all dieser Faktoren, welche in unserem alltäglichen Handeln und Erleben sonst unbewusst mitwirken und uns unbewusst beeinflussen, nun bewusst zu sein.
Achtsamkeit lehrt uns einen Raum zu schaffen, zwischen Reiz und Reaktion. Dieser Raum ist ein heilsamer Raum, ein Raum in dem wir uns selbst erfahren und in dem wir die Möglichkeit haben die Kontrolle über diese, oft veralteten, uns unbewusst beherrschenden Faktoren zu übernehmen, zu entscheiden, welcher Größe wir in diesem Moment die Macht über unser Erleben und Handeln geben.
Diesen Zustanden der wachen und wertungsfreien Präsenz zu erreichen benötig natürlich etwas Übung. Daher sind die Achtsamkeitskurse auf 8 Wochen angelegt. Es ist belegt, dass neuronale Muster in unserem Gehirn über unser Handeln, Denken und Fühlen bestimmen. Wollen wir diese Muster verändern müssen die alten neuronalen Informationen durch neue überschrieben werden. Dies braucht einen Zeitraum von ungefähr 8 Wochen und sollte darüber hinaus weiter vertieft werden.
Ein wichtiger Inhalt des achtwöchigen Kurses ist es daher, die Achtsamkeit in den Alltag zu übertragen.
Achtsamkeit basiert auf der Jahrtausende gültigen buddhistischen Lehre. Diese so nützlichen Praktiken werden heute immer mehr auch in unserem europäischen Kulturkreis übernommen und die Wirksamkeit dieser Methoden ist inzwischen in zahlreichen weltweiten Studien belegt.
Achtsamkeit bedeutet nicht nur in der Stille zu meditieren. Dies gehört, zumindest am Anfang, dazu, und stellt einen wertvollen und wichtigen Teil zur Selbsterkenntnis und Selbstregulation dar, muss aber nicht zwingend sein. Achtsamkeit lässt sich ebenso in Bewegung üben. Zum Beispiel beim Yoga oder in einer Gehmeditation, welche auch in der beruhigenden Umgebung eines Waldes geübt werden kann. Achtsamkeit lässt sich sehr gut in den Alltag integrieren. Du kannst alle deine Handlungen in wacher, präsenter Achtsamkeit ausführen. Es benötigt ein wenig Übung diese wache präsente Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment herzustellen und zu erhalten. Aber es lohnt sich.
Die Wirksamkeit der Achtsamkeit ist in vielerlei Studien inzwischen nachgewiesen. Nachweislich belegt werden konnten beispielsweise
- die Steigerung der Aufmerksamkeitsregulation,
- die Vertiefung des Körper-Gewahrseins und damit eine Verbesserung des eigenen gesundheitsfördernden Verhaltens,
- die Wahrnehmung der Gedanken, Grübeleien und Ängste und gleichzeitig ein besserer Umgang damit und die präventive Wirkung u.a. für Depressionen, Ängsten…
- die Veränderung im Umgang mit Gefühlen, besonders mit schwierigen Gefühlen.
Ebenfalls belegt sind Effekte auf die Hirnaktivität sowie die Hirnstruktur in acht Regionen darunter die Emotionsregulation und die Selbstregulation.
Eine Initiative aus vier großen Verbänden der gesetzlichen Unfall- und Krankenversicherungen (iga) veröffentlicht aufgrund verschiedener Studien eine Analyse zur Wirksamkeit der verschiedenen Achtsamkeitstechniken.
Ein Team geleitet von Dr. rer. oec. Maren Michaelsen vom Institut für Integrative Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung der Universität Witten/Herdecke identifizierte mit einer umfangreichen Literaturrecherche in fünf Forschungsdatenbanken 105 relevante und methodisch hochwertig angelegte Studien. Anschließend wurden diese danach ausgewertet, welche Wirkungen verschiedene Achtsamkeitstrainings für Faktoren haben, die im Arbeitskontext eine Rolle spielen.
Zu den für die Arbeitswelt relevanten Faktoren zählten die Forscher und Forscherinnen:
- die psychischen und physiologischen Faktoren der Gesundheit wie Blutdruck, Herzfrequenz oder Schmerz
- Psychische Parameter der Gesundheit wie Stress, Angst oder Affekt
- Wohlbefinden in Form von Lebens- und Arbeitszufriedenheit
- Erholung als Ausdruck der Fähigkeit zur Entspannung oder zum Schlafen
- Selbstregulation, wozu Resilienz oder Selbstwirksamkeit gezählt wurden
- Empathie, bezogen auf Mitgefühl und die Bereitschaft zu Verzeihen
- Arbeitsbezogene Faktoren wie Burnout, Absentismus oder Arbeitsengagement
Für ihre Untersuchung teilten das Team die verschiedenen Achtsamkeitsinterventionen in achtsamkeitsbasierte Verfahren (MBSR-Kurse, modifizierte MBSR-Kurse, Meditationskurse und weitere achtsamkeitsbasierte Verfahren) und zur anderen Hälfte in achtsamkeitsinformierte Verfahren (Atemtrainings, ACT-basierte Programme, bewegungsorientierte Programme wie Yoga und Qigong sowie multimodale Programme) ein.
Deutliche Wirkung vor allem auf psychische Gesundheit, auch, aber nicht nur im Arbeitsalltag
Nahezu alle Programme zeigten eine deutliche Wirkung auf Aspekte der psychischen Gesundheit. Vor allem das Stresserleben wurde durch die Achtsamkeitstrainings stark gesenkt.
Eine mittlere bis starke Wirksamkeit auf andere Faktoren, vor allem auf physische und physiologische Faktoren der Gesundheit, das Wohlbefinden, die Erholungsfähigkeit, die Selbstreferenz und die arbeitsbezogenen Faktoren konnte vor allem für MBSR basierte Achtsamkeitskurse und bewegungsorientierte Verfahren wie Yoga gezeigt werden.
Probiere es doch mal selbst aus. Ich zeige dir im Folgenden ein paar leicht umsetzbare Übungen auf, die Achtsamkeit in deinen Alltag zu integrieren.
Achtsames Geschirrspülen:
- Zentriere dich in deinem Körper, Atme tief, aktiviere den neutralen inneren Beobachter
- Welche Gedanken, Empfindungen und Gefühle sind gerade da
- Nur wahrnehmen, nicht bewerten oder verändern wollen, anerkennen
- Konzentriere dich nun auf deine Füße, den Kontakt zum Boden, wie stehst du:
- Wie fühlt dein Körper sich an, die Schultern, die Arme
- Nimm die Bewegungen deiner Hände und Arme bewusst wahr, spüre das Geschirr, die Temperatur des Wassers, wie geht es dir damit?
- Bleibe in Kontakt mit deinem Atem
- Spüre, was sich verändert
Stopp-Übung:
Baue immer mal wieder die 10sekündige Stopp-Übung in dein Alltagtreiben ein.
- Stopp-Innehalten, aktuelle Tätigkeit unterbrechen
- Sich des Atems bewusst werden- mit der ganzen Aufmerksamkeit dabei sein
- Atem- körper spüren, sich im Körper zentrieren, den inneren Beobachter aktivieren und beobachten was gerade an Empfindungen und Gefühlen und Gedanken da ist. Nur beobachten, nicht bewerten oder verändern.
- Mindestens 10 Sekunden so verweilen
- Mit der aktuellen Tätigkeit weitermachen, ist dir etwas bewusst geworden, kannst du gleich jetzt deine stressbehafteten Muster zu wohltuenderen Denk- oder Handlungsweise verändern?
Achtsamkeit auf den Atem:
- Sitze gerade und aufrecht
- Spüre deinen Körper, die Füße am Boden, den Kontakt zur Sitzfläche, die Kleidung auf der Haut, die Aufrichtung des Rückens usw.
- Kannst du deinen Körper als Ganzes wahrnehmen?
- Kannst du den Atem im Körper wahrnehmen?
- Gibt es eine Atembewegung? Zum Beispiel in der Nase, im Brustkorb oder an der Bauchdecke?
- Versuche deine ganze Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung des Atems zu richten.
- Mach dir keinen Druck, alles darf leicht gehen, alles darf da sein. Bewerte nicht. Nimm nur wahr
- Für einige Minuten den Atem begleiten, wahrnehmen ohne etwas verändern zu wollen
- Wenn die Gedanken sich mit etwas anderem beschäftigen, bemerke das und bringe sie zum Atem zurück
- Den inneren Beobachter aktivieren, was ist da an Empfindungen, Gefühlen, Gedanken
- Nimm einfach nur wahr um zu wissen, was gerade bei dir da ist, lass alles so sein wie es gerade ist
- Mach dir auf die gleiche wertungsfreie und neutrale Weise bewusst, wie es dir mit der Übung geht
- Bleibe so lange dabei, wie es dir gut tut
- Sei geduldig mit dir. Achtsamkeit und innere Ruhe sind wie Muskeln, die allmählich trainiert werden müssen.
Du willst die Übungen anwenden, vergisst es im Allastreiben aber schlicht weg?
Stell dir einen Achtsamkeitswecker, zum Beispiel am Handy, jede Stunde oder 2 bis 3 mal am Tag, erinnert er dich daran, mal wieder inne zu halten, dich zu besinnen.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren.
In meinen Kursen kannst du das Thema Achtsamkeit und achtsamkeitsbasierte Meditation und Yoga vertiefen und damit deinen Alltag nachhaltig verändern.
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